Die besten Bands bei der Winter-c/o-pop
Musikfestivals zu veranstalten ist hart geworden. Wo vor dreißig Jahren noch bekiffte Teenager spontan handkopierte Plakate klebten, konkurrieren heute multinationale Konzerne mit lokalen Konzertanbietern um die letzten weißen Flecken auf der Festival-Landkarte. Selbst der Laie spürt, wie überhitzt der Markt ist. Die Festivals im Sommer werden aufgrund überhöhter Gagen immer teurer und viele Veranstaltungen gehen beim Kampf um die Musikfans pleite.
Winter is coming
Nicht blöd also, sich dem Druck zu entziehen und den hart umkämpften Sommermonaten den Rücken zu kehren. Zugegeben: Die Idee, im Januar ein gesamtstädtisches Indoor-Festival auszurichten, wie es die Cologne Music Week macht, ist nicht neu. Schon seit 1986 findet im niederländischen Groningen mit dem Eurosonic Norderslaag eines der renommiertesten europäischen Newcomer-Festivals auf gleiche Weise kurz nach Neujahr statt. Gut möglich, dass sich die Macher der CMW, die auch die c/o pop Mitte August veranstalten, an diesem Beispiel orientierten. In jedem Fall starteten sie 2009 ihr eigenes Winterfestival. Noch dazu eines, bei dem die Konzerte fast alle gratis sind. Der Plan ging auf.
Die Achse des Guten
Mittlerweile geht die CMW eine ganze Woche. 2017 dauert sie vom 14. bis zum 21. Januar. In dieser Zeit werden über 50 Bands – die meisten davon mit Köln- oder NRW-Bezug – in der Stadt auftreten. Der Kern des Festivals liegt mit Gewölbe, Stadtgarten, Studio 672 und Scheues Reh weiterhin im Belgischen Viertel. Doch die CMW schließt zusätzlich weit über die Stadt verteilte Locations mit ein. Im Westen etwa den Club Bahnhof Ehrenfeld. Und im Rahmen von Partnerveranstaltungen auch Läden wie das Gebäude 9 in Deutz. Am 18.01. wird zudem der WDR seinen Kleinen Sendesaal am Wallrafplatz für die CMW öffnen. Es gibt somit viel zu sehen und noch mehr zu übersehen, wenn man Pech hat. Hier drei subjektiv ausgewählte Bandtipps, die man bei der neunten CMW nicht verpassen sollte.
3… Jeannel
Jeannel entstammt dem Vernehmen nach einer hochmusikalischen Kölner Familie. Auch falls es nicht stimmen sollte, man kann es sich beim Hören zumindest gut vorstellen. Im vergangenen Jahr erschien – bereits einen britischen Musikverlag im Rücken – Jeannels Debüt-EP „Mind Tricks“. Ihr ätherisch wirkender Bubble-RnB pulsiert und betäubt zugleich. Die Stimme wirkt perfekt – was nicht mit klinisch verwechselt werden sollte. Kurz: Man muss seine Ohren schon auf den Tisch genagelt haben, um nicht zu glauben, dass die junge Musikerin das Potenzial hat, eines Tages weit über Köln hinaus zu strahlen. Zu wünschen wäre es ihr.
Wann: Dienstag, 17. Januar, 22:00 Uhr
Wo: Stadtgarten Restaurant
Eintritt: frei
Reinhören: soundcloud.com/jeannel
2… Holygram
Die Faszination junger Bands für das (ziemlich kleine) Lebenswerk der britischen Band Joy Division reißt auch 2017 nicht ab. Warum auch? Dem Hallraum zwischen sphärisch depressivem Gesang, Gitarren, Synthesizer, Bass und Schlagzeug wohnt die dunkle Seite der Nacht inne, die jeder kennt und liebt. Holygram aus Köln zelebrieren auf ihrer Debüt-EP aus dem letzten Jahr genau jene Stimmung. Ein entrückter Sound zwischen Pathos und Kontrollverlust. Apropos Köln, apropos Joy Division: Die spielten 1980 unter der Christuskirche ihr erstes von nur zwei Deutschland-Konzerten überhaupt. Etwas von ihnen ist offenbar hier geblieben…
Wann: Freitag, 20.01., 22:00 Uhr
Wo: Stadtgarten Restaurant
Eintritt: frei
Reinhören: holygram.bandcamp.com/releases
1… Albrecht Schrader
Sein Name ist eines der besten Musiker-Pseudonyme, das ich kenne. Wie praktisch, dass Schrader sogar gebürtig so heißt. Schrader stammt eigentlich aus Hamburg, lebt aber seit Jahren in Köln. Selbst wer mit seinem Namen nichts anfangen kann, die Musik des passionierten Tischtennis-Cracks hat vermutlich jeder schon mal gehört. Unter anderem schreibt der Pianist und Sänger virale Hits für Jan Böhmermann. Er ist seit Jahren Teil der Liveband von Herrenmagazin und wirkte sogar auf dem neuen Album von Pete Doherty mit. Seine Solokarriere nimmt seit dem vergangenen Jahr endlich deutlich an Fahrt auf. Beim renommierten Berliner Label Staatsakt (u. a. Die Heiterkeit, Die Sterne, Ja, Panik, PeterLicht, Jens Friebe) erschien 2016 eine EP, die einen geheimen Riesenhit („Leben in der Großstadt“) enthielt. 2017 soll das Album dazu folgen. Bei der CMW spielt Albrecht Schrader zusammen mit den ebenfalls sehr guten Xul Zolar beim „Inclusion Infusion meets popNRW“-Abend. Dabei werden die vorgetragenen Texte von einer Gebärdendolmetscherin live für gehörlose Menschen übersetzt. Besser früh hingehen, wird garantiert voll. Und toll.
Wann: Samstag, 21.01., 20:00 Uhr
Wo: Stadtgarten Saal (zusammen mit Xul Zolar, Moglebaum, Gebärdendolmetscherin Laura M. Schwengber)
Eintritt: frei
Reinhören: soundcloud.com/albrechtschrader
Go…
Das komplette Programm der CMW findet ihr unter: colognemusicweek.de
Aktuelle Infos auch bei: www.facebook.com/colognemusicweek
Schreibe einen Kommentar