Feuertopf und tausendjährige Eier
Um es vorweg zu nehmen: Chinesische Restaurants hatten in den zurückliegenden Jahrzehnten hierzulande einen ziemlichen zweifelhaften Ruf. Chop Suey, Schweinefleisch süßsauer, kitschige Lampions und Bier nur aus der Flasche? Das hatte ich im ersten Semester ein paar Mal – danach brauchte ich das nicht mehr. Meine Gleichgültigkeit ging so weit, dass ich Chinesische Restaurants gar nicht mehr wahrgenommen habe.
Allerdings ist mir nicht entgangen, dass immer mehr Chinesen nach Köln kommen, um sich den Dom, den Rhein und vielleicht noch ein paar andere Attraktionen anzusehen. Mit ihnen sind – von mir lange Zeit unbemerkt – neue Restaurants entstanden, von denen es heißt, dass asiatische Gäste hier ihre bevorzugten Speisen bekommen. Ein guter Anlass, dachte ich mir, um der Landesküche eine zweite Chance zu geben. Also habe ich mich – stets in Begleitung – in die Welt der Entenherzen, Hühnerfüße und Quallensalate aufgemacht. Ein Erfahrungsbericht aus vier Restaurants.
Tang Wang
Unsere erste Station ist ein durchgestyltes Lokal mit gedämmtem Licht ohne jeden Folklore-Schnickschnack. An den Tischen sitzen fast ausschließlich junge Chinesen, die ganz offensichtlich weltgewandt sind. Ein Blick in die umfangreiche Speisekarte bestätigt unsere Zuversicht: es sind sowohl Gerichte für den asiatischen wie auch für den europäischen Gaumen im Angebot. Zu erstgenannten gehören Schweineohren, Schweineblut und Darm. Ein sehr ganzheitlicher Ansatz was die Verwertung des Tieres betrifft, der auch in Europa neuerdings wieder verstärkt gepredigt wird. Wir bestellen Rindfleisch mit Glasnudeln (scharf!) und Omelette mit Krabben. Beide Gerichte kommen in großen Portionen, die auf geschmackvollem Porzellan hübsch angerichtet sind. Das Omelette, nun ja, ist mit Stäbchen etwas mühselig zu essen, aber es geht. Dazu gibt es Kölsch (aus der Flasche in die Stange umgefüllt). Ein guter Auftakt mit noch risikolosen Bestellungen, der mich darüber hinwegtröstet, dass an gleicher Stelle bis vor wenigen Jahren das nunmehr verblichene Restaurant mit meinem ewigen Lieblingsnamen seine Gäste empfing: das »Bruce Lee Restaurant«.
Maximinenstraße 4, 50668 Köln
Web: www.tangwang.de
China Fortuna Haus
Die nächste Adresse ist deutlich rustikaler. Neonbeleuchtung und blanke Tische erinnern eher an einen Schnellimbiss, der etwas unentschlossen mit chinesischen Ornamenten geschmückt ist. Doch die Tische sind auch hier mit vielen Asiaten, aber auch mit einigen Deutschen besetzt. Die Mehrzahl ist ganz offensichtlich wegen der Hausspezialität gekommen: dem Chinesischen Feuertopf, einer Art Fondue, das die Zubereitung von Fleisch und Gemüse in aromatischer Brühe am Tisch vorsieht. Wir verkosten lieber etwas, das aus der Küche kommt, die sich auf die Regionen Sichuan und Peking spezialisiert hat. Wie ordern eine Rinderbrühe mit großzügiger Einlage, die auf ausdrücklichen Wunsch sehr scharf ist, und hausgemachte Teigtaschen mit angenehmer Würze. Dazu bestellen wir anständigen Ingwertee. Fazit: Kann man gut machen, auch wenn die Gemütlichkeit ein wenig kurz kommt.
Andreaskloster 10, 50667 Köln
Web: www.china-fortuna-haus.metro.rest
Great Wall of China
Auf dieses Lokal sind wir besonders gespannt. Die Great Wall hat es schon in einige Gastronomieführer geschafft und ihr eilt der Ruf voraus, zu den besten chinesischen Restaurants Deutschlands zu gehören. Wir studieren die Karte im unteren der beiden Geschosse und entdecken Gerichte, die für unseren Geschmackssinn einiges an Mut erfordern: Gewürzte Entenzungen beispielsweise (es sind etwa 80) oder Tofu mit Tausendjährigen Eiern. Letztlich bestellen wir zwei Kreationen, von denen das Schweinefleisch mit Gemüse nach Sichuan-Art in anderer Hinsicht die bekannten Grenzen sprengt: Fleisch und Gemüse kommen in einem Sud, dessen Oberfläche fast vollständig mit Chili-Schoten bedeckt ist. Uns schwant Böses, doch als wir mit Hilfe eines mitgelieferten Siebs die Einlagen herausfischen, entdecken wir eine überraschend vielseitige Würze. Ähnliches gilt für das Hühnchenfleisch (vom Bein) mit Austernpilzen. Die Portionen sind derart groß, dass wir uns für das nächste Mal die Verkostung von Vorspeisen vornehmen.
Komödienstraße 37, 50667 Köln
Web: www.greatwallcologne.de
Chinburger
Bliebe noch eine durchaus überraschende Erkenntnis: in Köln sind auch chinesische Burger zu haben. Streng genommen behauptet dieses noch ziemlich neue Restaurant sogar, dass die Ursprünge des mit Fleisch gefüllten Brötchens in China zu suchen sind. Als das Gericht serviert wird, erhalten wir ein fluffiges Fladenbrot mit einer Füllung, die einem anderen Dauerbrenner der Gegenwart ähnelt: Pulled Pork, nur eben mit asiatischen Gewürzen und mit Gemüse verfeinert. Gegessen wird die schmackhafte Kreation mit den Händen – wie in Amerika. Zweite Spezialität des Hauses sind „geschabte Nudeln“, die leicht an Spätzle erinnern. Ein Abschluss der ebenso interessant ist, wie die Bücher-Ecke in den hinteren Gefilden des Lokals.
Limburger Straße 5, 50672 Köln
Web: www.chin-burger.com
Hallo allerseits,
die Oktopus-Bällchen sind eigentlich keine chinesische sondern eine japanische Spezialität (aus Osaka) und heißen Tako-Yaki. Und man macht tatsächlich Mayonnaise oben drauf. Aber ob man in Japan auch Miracle Whip-Mayonnaise verwendet, wage ich zu bezweifeln ;-).