Retro, Klassik oder Sterneküche
Auch wenn hier am Rhein weder Curry- noch Weißwurst erfunden wurde – wursttechnisch geht in Köln einiges! Johannes J. Arens, freier Journalist und Autor mit Schwerpunkt auf Essen und Trinken, stellt euch vier Kölner Orte vor, an denen Klassiker auf ganz besondere Weise interpretiert werden.
Bratwurst-Klassiker
Im Brauhaus Sion sitzen Touristen, Einheimische beim Mittagessen und Geschäftsleute, die hier ihre Pause verbringen mit Blick auf den Rathausturm. Die Köbesse laufen geschäftig hin und her und sprechen mit den Gästen über das gute Wetter. Auf dem Tisch eine Speisekarte in blauem Kunstleder und Pfeffer- und Salzstreuer. Ganz so, wie vermutlich vor zehn, vor zwanzig und vor dreißig Jahren auch. Das Kölsch kommt schnell und laut Inschrift an der Fassade an dieser Stelle bereits (als Medebier) seit 1318.
Ebenso klassisch ist der “Sudpfannenputzer”, ein 1/2 Meter frische Bratwurst, auf einem Holzbrett serviert mit rheinischem Kartoffelsalat. “What you get is what you see!“ – Wurst und Kartoffelsalat, für kältere Tage wahlweise mit Wirsing. Mehr will man manchmal aber auch gar nicht.
Brauhaus Sion
Unter Taschenmacher 5–7, 50667 Köln (Altstadt)
www.brauhaus-sion.de
Retro-Hotdog
Im studentischen Epizentrum, am Ende der Zülpicher Meile, ging es lange nur bedingt um kulinarische Highlights. Happy Hour beats Haute Cuisine könnte man vielleicht sagen. Dann kam der Streetfood-Hype und plötzlich ist auch hier die Aufmerksamkeit für gutes Essen deutlich gesteigert.
Auf einer abgewetzten Bierbank-Garnitur auf dem Bürgersteig trinke ich ein Bier. Durch die offenen Fenster dringt Hip Hop auf die Straße und auch die Speisekarte mit Classic Philly Style Sloppy Dog oder Coney Island Funhouse Corn Dog klingen für den Laien ein bisschen wie angesagte Oldschool-Acts. Ich bestelle die Wurst des Monats: Hot Dog Liberty mit Smoked Beef Dog, Homemade Potato Bun, Cheddar, Röstzwiebeln, Dillpickel und süßem Senf und fühle mich selbst ein kleines bisschen Brooklyn-Style.
+++ Flynn’s Arcade ist leider geschlossen +++
Zülpicher Str. 46 | 50674 Köln (Kwartier Latäng)
www.facebook.com/flynnsarcadecgn
Blutwurst-Cuisine
“Signature-Dish sagen wir hier nicht”, erzählen Sterneköche Jan Maier und Tobi Becker vom maiBeck, aber die “Flönz für Imis” bekomme ich trotzdem. Und auf der Karte steht sie im Winter, wenn Saison ist, auch meistens. Mit Imis bezeichnen ‚echte‘ Kölner übrigens nicht wirklich Immigranten, sondern alle diejenigen, die nicht hier geboren und damit nur zugezogen sind.
“Flönz” hingegen ist der Kölsche Ausdruck für Blutwurst, die nur hier so heißt. Obwohl es Blutwurst eigentlich ja nicht nur hier gibt. Auf den Teller bekomme ich drei Scheiben knusprig gebratene Flönz, Couscous mit Mandarinenschale und Haselnüssen, Rauke und eine intensive Jus. Das sollten dringend auch diejenigen mal probieren, die sich bislang eher von Blutwurst ferngehalten haben.
maiBeck FÜR DICH
Am Frankenturm 5 | 50667 Köln (Altstadt)
www.maibeck.de
Vegane Currywurst
In Ehrenfeld wandert die kulinarische Avantgarde gerade nach Nordwesten, die Venloer Straße hinaus. Mittlerweile muss man also schon ein Stückchen zu den neuen Hotspots hinausfahren. Bis zur Haltestelle Leyendecker Straße, um genau zu sein. Hier ist die vegetarisch-vegane Dichte deutlich höher als anderswo.
Und deshalb findet man hier auch Kölns bislang einzigen rein veganen Burger-Laden – aber eben auch eine Wurst. Es ist ziemlich voll. “Habt ihr reserviert?”, fragt die freundlich-resolute Dame im Service. Ich habe Glück und bekomme einen Tisch mit Blick nach draußen, auf die bunten Lämpchen, die in den Bäumen vor der Türe im Wind schaukeln.
Die “Ehrenfelder CurryVurst” hat einen eher zweifelhaften Namen, aber die Vurst, Soße und Pommes sind ziemlich lecker.
Bunte Burger
Hospelt Str. 1, 50825 Köln (Ehrenfeld)
www.bunteburger.de
Vielen Dank für euren Besuch im Restaurant und den Bericht 🙂